Eine Frau stellt auf einer Veranstaltung im Vorfeld des Welt-Aids-Tags Kerzen auf, die eine rote Schleife formen - ein weltweit anerkanntes Symbol für die Solidarität mit HIV-Infizierten.

Auf der Welt-AIDS-Konferenz sprechen ab diesem Freitag mehr als 100 Wissenschaftler, Mediziner und Betroffene über die scheinbar vergessene Epidemie. Mit HIV kann man inzwischen zwar gut leben. Doch noch immer sollte man die Erkrankung nicht unterschätzen, warnen Experten. Gerade unter Heterosexuellen fehle es zum Teil noch an Wissen.

In Deutschland stiegen die HIV-Zahlen nicht an, sondern sänken seit einigen Jahren, sagt Holger Wicht, Pressesprecher der Deutschen Aidshilfe. Das hätte auch damit zu tun, dass immer mehr Menschen eine gute Behandlung zuteilwerde. Im Jahr 2020, so die aktuellsten verfügbaren Zahlen, kam es zu etwa 2000 Neuinfektionen. Fünf Jahre zuvor waren es noch etwa 2800. Der Rückgang sei langsam, aber kontinuierlich, so Wicht.

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„Die HIV-Präexpositionsprophylaxe ist eben eine effektive HIV-Präventionsmethode.“ Daniel Schmidt, PrEP-Forscher Daniel Schmidt, PrEP-Forscher
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Das läge unter anderem an einer neuen medikamentöse HIV-Vorsorge namens PrEP: „Die HIV-Präexpositionsprophylaxe ist eben eine effektive HIV-Präventionsmethode, bei der HIV-negative Personen ein bereits seit vielen Jahren für die HIV-Therapie zugelassenes Medikament einnehmen, um sich vor einer HIV-Infektion präventiv zu schützen“, erklärt PrEP-Forscher Daniel Schmidt vom Robert-Koch-Institut in Berlin.

Effektiver Schutz vor HIV

Das Medikament verhindert, dass das HI-Virus in menschliche Körperzellen eindringt und sich dort weiter vervielfachen kann. Seit September 2019 wird diese Art der Vorsorge über Krankenkassen finanziert, und das macht sie vor allem für Menschen mit hohem Infektionsrisiko attraktiv. „Was schade bisher ist, dass das Potenzial der PreP so nicht ausgeschöpft wird - weil wenige Leute außerhalb dieser Gruppe der Männer, die Sex mit Männern haben, von der PreP wissen, auch wenn sie eigentlich für die PrEP vielleicht in Frage kämen", bedauert Schmidt.

Damit meint der Forscher vor allem die beiden anderen Haupt-Betroffenengruppen – nämlich Personen, die sich über heterosexuellen Geschlechtskontakt oder über intravenösen Drogenkonsum infizieren. Denn bei ihnen steige die Infiziertenzahl sogar leicht, sagt Schmidt.

Entwicklungen sind positiv, dennoch ist Aids nicht zu unterschätzen

Dennoch betrachtet Holger Wicht von der Deutschen Aidshilfe die Entwicklung in der Gesamtschau positiv. Auch, weil sich die Lebensqualität der Infizierten in Deutschland vorteilhaft verändert habe: „Heute kann man mit HIV gut leben, wie alle anderen Menschen auch. In jeder Hinsicht bis hin zu Familienplanung, Sexualität und so weiter.  Man kann sogar Kinder zur Welt bringen, die HIV-negativ sind als HIV-positive Frau. Natürlich darf man trotzdem die HIV-Infektionen auch nicht unterschätzen. Es bleibt eine chronische Erkrankung.“

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„Was schade bisher ist, dass das Potenzial der PreP so nicht ausgeschöpft wird - weil wenige Leute außerhalb dieser Gruppe der Männer, die Sex mit Männern haben, von der PreP wissen, auch wenn sie eigentlich für die PrEP vielleicht in Frage kämen.“ Daniel Schmidt, PrEP-Forscher Daniel Schmidt, PrEP-Forscher
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Die Krankheit betrifft in Deutschland über 91.000 Menschen und weltweit über 400-mal so viele Personen. Obwohl HIV seine Schrecken zumindest bei uns schrittweise verliert, bleibt die Krankheit potenziell tödlich. Etablierte Präventionsmaßnahmen wie Kondome oder antiretrovirale Therapien bleiben relevant, auch wenn Deutschland die Ziele des AIDS-Programms der Vereinten Nationen übererfüllt: 90 Prozent der HIV-Infektionen sind diagnostiziert, 97 Prozent der Diagnostizierten erhalten HIV-Medikamente, bei 96 Prozent von ihnen ist HIV nicht mehr nachweisbar. Das Ziel der UNO waren 90 Prozent in allen drei Kategorien bis 2020.

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