Witzenhausen und die Werra

Über 20.000 Kilometer Bäche und Flüsse fließen durch Hessen. Nur etwa zehn Prozent davon sind jedoch in einem guten ökologischen Zustand. Mit der Umsetzung der EU-Wasserrahmenrichtlinie soll sich das bis 2027 ändern. Kann das klappen? Eine Bestandsaufnahme.

Die Bäche und Flüsse in Hessen - manche, so scheint es, machen, was sie wollen. Zwischen appetitlichem Plätschern und dumpfer Stinkebrühe. Und dann auch noch unstet, von handzahm bis plötzlich ganz wild. Eine Herausforderung für alle, die sich jetzt besonders anstrengen sollen, um die Gewässer sauberer zu machen.

"Auf der einen Seite haben wir es mit Starkregen, Niederschlägen und Hochwasser zu tun, und auf der anderen Seite mit monatelangen Trockenphasen." Mal fließt fast nichts, mal fließt's ganz doll. Extreme, die auch Michael Denk Sorgen machen, im Umweltministerium zuständig für Wasser und Boden. Ein großes Problem: Mal verdünnt sich der Dreck, mal konzentriert er sich, wenn kaum noch was fließt.

BUND fordert verbesserte Kläranlagen

Wer sich heute im Rhein verschluckt, dem muss es nicht gleich ganz schlecht gehen. Heute sind nicht die großen Ströme das Hauptproblem, in deren sanfter Mitte Industrie und Umweltschützer zum Wohle des Wassers so gut es geht gemeinsam manövrieren. Düsterer sieht es in schlecht geklärten kleineren Flüssen und Bächen aus, warnt Lynn  Anders von der Umweltschutzorganisation BUND Hessen: "Vor allem im Sommer bei Niedrigwasser. Und deshalb fordert der Bund auch, dass bestehende Kläranlagen mit der vierten Reinigungsstufe ausgebaut werden müssen."

Eine vierte Reinigungsstufe nach Rächenklärung, Vorklärung und biologischer Reinigung soll durch Membranfilter, Aktivkohle und Ozon Mikroschadstoffe wie Medikamentenreste und andere hartnäckige Verbindungen knacken. Regulär wird diese Technik aber nur selten eingesetzt. Die Wirksamkeit werde noch erforscht, sagen Klärwerksbetreiber.

Chancen für Wendung zum Guten

Hessen ist durchzogen von Quellen, Bächen und Flüssen. Das alles summiert sich auf 23.000 Kilometer. "Zurzeit sind in Hessen nur zehn Prozent der Flüsse und Bäche im guten ökologischen Zustand", sagt Lynn Anders. Sie sieht aber noch Chancen für die Wende zum Guten. Allerdings: "Um die notwendigen Verbesserungen umsetzen zu können, braucht es deutlich mehr Finanzen und mehr Personal. Aber dazu ist auch der politische Wille erforderlich."

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„Zurzeit sind in Hessen nur zehn Prozent der Flüsse und Bäche im guten ökologischen Zustand.“ Lynn Anders, BUND Hessen Lynn Anders, BUND Hessen
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Der sei da, heißt es im Umweltministerium in Wiesbaden - mit nachgerüsteten Kläranlagen und Gewässerberatern, die sagen sollen, wie man aus einem hässlichen, schmutzigen Lauf wieder eine kleine Schönheit machen kann. "Dies entlastet insbesondere kleinere Kommunen, die für diese spezielle Aufgabe kein Personal vorhalten können." Michael Denk vom Umweltministerium hat auch die Landwirtschaft stärker ins Visier genommen: "So sind spezielle Abstände zu den Gewässerrändern bei der Düngung einzuhalten. Ackerflächen sind ganzjährig zu begrünen, damit Düngemittel nicht abgeschwemmt werden in die Gewässer. Und auch die absolute Menge des Düngers, der auszubringen ist, wurde begrenzt."

Mit dem Programm "Hundert wilde Bäche für Hessen" unterstützt das Land die Kommunen bei der Umsetzung der Wasserrahmenrichtlinie. Renaturierung von der Quelle bis zur Mündung. Bis 2027 soll die EU-Wasserrichtlinie auch in Hessen in trockenen Tüchern sein.

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