In der Paulskirche ist vor 175 Jahren mit der Frankfurter Nationalversammlung der Grundstein der deutschen Demokratie gelegt worden

In Frankfurt soll die geschichtsträchtige Paulskirche saniert und ein Haus der Demokratie gebaut werden. In Zukunft soll es hier Raum für Teilhabe aller Bürgerinnen und Bürger geben. Dieses Vorhaben ist nun gestartet und will sich mit der Frage auseinandersetzen: Was ist Demokratie für Dich?

Im Ratskeller im Römer – gleich neben der Frankfurter Paulskirche – haben sich rund 200 Menschen versammelt, die sich sehr für das Thema Demokratie interessieren. Thilo Konstnatni-Schaf ist einer von ihnen: "Das Motto der Veranstaltung ist ja eigentlich ganz toll: 'Demokratie ist, wenn alle eine tragende Rolle haben.' Ich glaube, das ist momentan nicht der Fall und nicht möglich, auch strukturell, und ich würde mich gerne für Veränderung einbringen und sehe, dass da auch viele andere Menschen Interesse daran haben."

Politikverdrossenheit ist ein großes Problem

An vier Tischen werden Ideen für das Haus der Demokratie gesammelt. Die Fragen: Wie können wir der Demokratie gedenken? Wie können wir Demokratie lernen, sie praktizieren und vor allem sie erleben? Thilo ist der Meinung, dass in einem Haus der Demokratie das deutsche System ganz neu gedacht werden muss: "Ich hab das im Workshop schon ein bisschen angedeutet, dass ich finde, dass da oft ein Stillstand herrscht." Es gebe eine Studie, die besage, dass junge Leute in Deutschland oft das Gehühl hätten, wenig bewirken zu können. Das fühle er persönlich auch: "Ich sehe keine Partei, in der ich mich engagieren möchte und, wie zum Beispiel bei Prozessen wie Lützerath, dass es wenig Leute gibt, die irgendwie eine gute Antwort haben und dann auch konsequent dahinterstehen."

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„Dadurch bereichert man sein eigenes Verständnis davon, wie Demokratie funktioniert, was man selbst von der Gesellschaft erwartet.“ Harrison Krampe Harrison Krampe
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Die Politikverdrossenheit sieht auch Harrison Krampe als Problem. Der 19-jährige Schüler leitet die Diskussion an einem der Workshop-Tische. In seiner Rolle als stellvertretender Stadtschulsprecher in Frankfurt hat er gelernt, dass sich jeder irgendwie einbringen und was bewegen kann. Das sollten vor allem junge Leute dringend lernen: "Wir haben dort eben 30 Minuten lang gesprochen und unterschiedlichste Meinungen gehört, unterschiedlichste Perspektiven wahrgenommen. Und dadurch bereichert man sein eigenes Verständnis davon, wie Demokratie funktioniert, was man selbst von der Gesellschaft erwartet." Es zeige, dass es verschiedene Meinungen gebe, die man respektieren solle und nach denen man sich auch ausrichten könne, wenn man sich als junger Mensch selbst eine politische Meinung bilde.

Wie können alle Bürgerinnen und Bürger Teil der Debatte sein?

Diskutieren, streiten und zuhören – das soll nach dem Wunsch vieler Teilnehmer wieder trainiert werden in diesem geplanten Haus der Demokratie, gerade nachdem die Pandemie die Gesellschaft gespalten habe. Saskia Griebi blickt aber auch auf all diejenigen, die sich an der Demokratie nicht beteiligen, weil sie sie entweder von Hause aus nicht kennen, oder hier kein Wahlrecht haben: "Da erhoffe ich mir einfach, dass ein Format gefunden wird, wo nicht einfach nur ein Haus hingestellt wird, und der, der Interesse daran hat, kann kommen. Sondern dass man die Leute ins Boot holt, die vielleicht noch nicht so großes Interesse daran haben oder eigentlich auch gar nicht wissen, wie groß diese Bedeutung der Demokratie für die Gesellschaft ist."

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„Es muss natürlich ein Haus sein, dass möglichst viele Gruppen anspricht, Altersgruppen, Herkünfte, eigentlich die ganze Stadt“ Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Ina Hartwig Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Ina Hartwig
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Doch wie sollen die Menschen dorthin gelockt werden? Mit einem Plenum, in dem jeder diskutieren und streiten darf? Ähnlich wie in einem Parlament? Das zumindest ist eine Idee von vielen, die von einer Expertenkommission nun aufgegriffen und im April vorgestellt werden. Noch ist das Haus der Demokratie eine Vision, doch einen roten Faden soll es haben, erklärt Frankfurts Kultur- und Wissenschaftsdezernentin Ina Hartwig: "Es muss natürlich ein Haus sein, das möglichst viele Gruppen anspricht. Weil wir haben hier in Frankfurt eine europäische Demokratiegeschichte und die muss abgebildet werden. Und es geht auch darum, das Scheitern dieser ersten Demokratie darzustellen."

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