Menschen sitzen in einem Café, im Hintergrund die Akropolis

Jedes Jahr gehen dem Staat Einnahmen in Milliardenhöhe wegen Steuerhinterziehung durch die Lappen. Nun greift die griechische Regierung durch und setzt dabei auf die Hilfe der Bürgerinnen und Bürger: Mit einer App können sie Steuerbetrüger melden.

Ein Café im Athener Stadtteil Nea Smirni. Die Kellnerin bringt die Rechnung: ein doppelter Cappucino, zwei Espressi, 10,90 Euro. Aber leitet der Cafébetreiber das so auch an das Finanzamt weiter? Oder hinterzieht er womöglich Steuern? In Griechenland können sich nun alle Bürgerinnen und Bürger als Steuerfahnder betätigen – mithilfe der App "Appodixi", die man in den gängigen Appstores herunterladen kann.

"Bürger zu Verbündeten machen"

„Was uns sehr wichtig ist in Bezug auf diese App, ist unser Ziel, die Bürger zu Verbündeten im Kampf gegen Steuerhinterziehung zu machen", sagt George Pitsilis vom griechischen Finanzministerium. "Die öffentlichen Einnahmen sind unser aller Eigentum, und es ist sehr wichtig, dass sich die Bürger aktiv beteiligen.“

Die Anwendung ist denkbar einfach: Auf allen elektronischen Belegen befindet sich ein QR-Code. Er wird von der Registrierkasse automatisch generiert und enthält alle Details der Transaktion: also Datum, Uhrzeit, Betrag und auch die Steuernummer des Unternehmens. Diese Daten werden an die Behörden übertragen, denn in Griechenland müssen alle Registrierkassen und Kartenterminals mit dem digitalen Steuerportal des Finanzministeriums verbunden sein.

Überprüfung in Echtzeit

Mit der neuen App können Kundinnen und Kunden den QR-Code scannen und in Echtzeit überprüfen, ob die Transaktion in voller Summe den Finanzbehörden gemeldet wurde. Denn eine beliebte Methode der Steuerhinterziehung ist, dem Finanzamt einen viel niedrigeren Betrag zu melden, als eigentlich abgerechnet wurde. In der Regel funktioniert das über eine zweite Registrierkasse: Die erste gibt die Quittungen für die Kunden aus, ist aber nicht mit dem Steuerportal verbunden. Die zweite Kasse ist verbunden, meldet aber deutlich niedrigere Umsätze.

„Jede Meldung geht in das von uns eingerichtete Beschwerdesystem ein und wird von einer Gruppe von Prüfern nach Wichtigkeit und Schwere bewertet", erklärt Pitsilis. "Davon hängt ab, ob ein Besuch vor Ort stattfindet. Auf diese Weise haben wir sogar zwei Unternehmen dichtgemacht.“ Etwa 130.000 Mal sei die App bislang heruntergeladen worden und knapp 50.000 Beschwerden beim Finanzamt eingegangen. 

Nicht alle sind begeistert

Laut einem Bericht der EU-Kommission sind dem griechischen Staat allein im vergangenen Jahr 5,3 Milliarden Euro an Mehrwertsteuereinnahmen entgangen, das sind mehr als ein Viertel der offiziell fälligen Gesamteinnahmen durch die Mehrwertsteuer. Nur in Rumänien ist die Quote noch höher. Allerdings hebt der Bericht auch hervor, dass Griechenland Fortschritte beim Kampf gegen Steuerhinterziehung macht. 

Die neue App soll ein Schritt in diese Richtung sein, doch nicht alle können sich mit der Idee anfreunden, für den Staat als private Steuerfahnderin einzuspringen, wie eine Umfrage in Athen zeigt. "Andere zu verpfeifen, das gefällt mir nicht, das ist die Aufgabe des Staates", sagt Georgina. "Wir Griechen sind von Natur aus erst einmal dagegen und misstrauisch. Der durchschnittliche Grieche sieht den Staat als Feind, er sieht ihn als Gegner. Ich glaube, wenn wir es schaffen, das zu ändern, wird alles ein bisschen normaler werden", meint Nikos. Und Fanis meint, das solle doch der Staat machen: "Der Staat hat Angestellte, die für diese Dinge zuständig sind. Warum gehen die nicht raus und führen Kontrollen durch? Warum soll ich das machen, ohne dafür bezahlt zu werden?“

Immerhin: Laut Finanzministerium soll es bald eine Belohnung von bis zu 2.000 Euro geben, wenn man dem Fiskus einen gefälschten Beleg meldet.

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