Unterrichtsausfall durch Lehrermangel ist keine Seltenheit

Lehrermangel ist mittlerweile zu einem ernsthaften Problem geworden. Bildungsministerin Stark-Watzinger ist der Meinung, der Bund müsse mehr Einfluss auf die Schulpolitik nehmen, um den Lehrerberuf attraktiver zu machen. Aber wie können Schulen jetzt schon reagieren?

In sehr vielen Schulen fehlt es derzeit an Fachpersonal. Die Kultusministerkonferenz liefert dazu eine beängstigende Zahl: Bis zum Jahr 2025 fehlen im Land rund 25.000 Lehrkräfte. Schon jetzt gibt es Schulen, die nur noch an vier statt an fünf Tagen unterrichten.

Eine Oberschule in Lengenfeld in Sachsen will das unbedingt verhindern und sammelt deshalb aus der Not heraus Fachpersonal aus ganz anderen Berufsfeldern - wie zum Beispiel Silvia Scioch. Die 46-Jährige ist keine Pädagogin. Eigentlich arbeitet sie in der Produktionsplanung eines mittelständischen Industriebetriebs in Lengenfeld. Seit September letzten Jahres gibt sie nebenbei Förderuntericht in den fünften Klassen. Ihre Bestandsaufnahme bis dato: "Es kommen gute Fragen. Und die Schülerinnen und Schüler sind auch, wenn ich an der Tafel arbeite, gerne alle bereit, mitzumachen.“

Personen aus fachähnlichen Unternehmen als Lösung?

Da ein Mathelehrer dauerhaft an der Lengenfelder Lessingschule fehlt, würde der Unterricht hier sonst ganz wegfallen. Inhalt und Lehrstoff werden mit den anderen Pädagogen im Haus abgestimmt. Schulleiterin Anke Barth ist dankbar für diese Lösung: "Das ist eigentlich das beste Beispiel, was es geben kann, dass Unternehmen uns dahingehend unterstützen, so dass der Matheunterricht auch komplett abgedeckt werden kann.“

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„Da gehört ein bisschen mehr dazu, als dass jemand vorne steht und einfach nur ein bisschen erzählt, wie der Pythagoras funktioniert.“ Jan-Martin Klinge, Pädagoge Jan-Martin Klinge, Pädagoge
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Jan-Martin Klinge ist Mathelehrer und Teil der Schulleitung einer aufbauenden Gesamtschule in Siegen in Nordrhein-Westfalen. Er glaubt, dass das Beispiel an der Oberschule in Lengenfeld zwar hilfreich, aber auch nicht immer ganz einfach sein kann: "In der Praxis haben wir Klassen, in denen bundesweit 31 Kindern sitzen. Da gehört ein bisschen mehr dazu, als dass jemand vorne steht und einfach nur ein bisschen erzählt, wie der Pythagoras funktioniert.“ Bei mehr als 30 Kindern in Räumen, die häufig viel zu klein und noch nicht an diese Klassengrößen angepasst sind, würden die Kinder nicht immer ruhig und aufmerksam am Tisch sitzen.

Lehrer müssen heutzutage zu viele Aufgaben erledigen

Von der Politik würde Jan-Martin Klinge sich wünschen, in multi-professionellen Teams arbeiten zu können, um die Lehrer zu entlasten. Und deshalb fragt Klinge: "Warum müssen Lehrer sich um die IT der Schule kümmern? Das sind Dinge, von denen man sagt, dass man die eigentlich auslagern könnte. Warum müssen Lehrer den ganzen Verwaltungs- und Organisationskram machen? Das ist völlig unnötig. Das können auch andere Leute und auch wahrscheinlich deutlich besser und schneller als wir Lehrer.“

Außerdem wäre es hilfreich, die Lehrpläne zu entschlacken, so der Pädagoge im ARD-Morgenmagazin. Immer mehr Inhalt in die Schule zu stecken, sei nicht der richtige Weg, meint er: "Das Gegenteil ist richtig. Wir müssen ganz viele Dinge aus den Schulen und aus den Lehrplänen erst einmal rausnehmen, um den Kindern und auch den Lehrern wieder mehr Freiraum zu geben, um in Themen richtig tief eintauchen zu können und nicht ein Ding nach dem nächsten möglichst schnell abzuarbeiten - immer im Hinblick auf die nächste Abschlussprüfung.“

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„Wir müssen ganz viele Dinge aus den Schulen und aus den Lehrplänen erst einmal rausnehmen, um den Kindern und auch den Lehrern wieder mehr Freiraum zu geben.“ Jan-Martin Klinge, Pädagoge Jan-Martin Klinge, Pädagoge
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Die Anforderungen an Schulen seien in den letzten Jahren immer mehr angestiegen – etwa über Integration oder Inklusion. Allerdings seien gleichzeitig keine Mittel dafür bereitgestellt worden. Das führe zu immer mehr Stress und Überlastung und somit auch zu mehr Krankheitsfällen und Ausfallstunden.

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