Ein Kind sitzt an einem Tisch, auf dem im Hintergrund Buchstaben zu sehen sind.

Für viele Kinder ist die Kita extrem wichtig, um Deutsch zu lernen. Zusätzliche Sprachfachkräfte, die vom Bund finanziert werden, gibt es aber nur an etwa jeder achten Kita. Und auch diese sogenannten Sprach-Kitas wie die Kita "Kleiner Bär" in Kassel blicken derzeit in eine ungewisse Zukunft.

Die fünfjährige Hawa ist in Deutschland geboren. Aber Deutsch zu sprechen, fällt ihr auch nach vier Jahren Kita noch schwer. Hawas Familie stammt aus Gambia in Afrika. Zu Hause spricht Hawa die Sprache Soninke, nur in der Kita spricht sie Deutsch. So wie jedes fünfte Kindergartenkind bundesweit. Die Erzieherinnen verwickeln die Fünfjährige immer wieder ins Gespräch. Animieren sie, möglichst mit vielen Worten zu antworten.

Hawa kommt nächstes Jahr in die Schule. Dann wird sich zeigen, ob ihr Deutsch dafür ausreicht. In der Kita "Kleiner Bär" hat sie schon viel gelernt, erzählt Erzieherin Katrin Roppel. Sie ist eine Sprachfachkraft, finanziert und qualifiziert aus Mitteln des Bundes. Etwa jede achte Kita in Hessen arbeitet mittlerweile mit zusätzlichen Fachkräften und ist damit eine sogenannte Sprach-Kita. Katrin Roppel erklärt, welche Idee dahinter steckt: "Es geht vor allen Dingen darum, dass alle Kinder jederzeit gefördert werden können und so eben teilhaben können, und die gleichen Bildungschancen haben. Und das ist enorm wichtig heutzutage."

Spielerisch Sprache vermitteln

Rund 20 Stunden pro Woche gibt Katrin Roppel alles, um Kinder wie Hawa sprachlich fit zu machen. Sie früh zu fördern sei entscheidend. In der Schule hätten sie sonst wenig Chancen. Die Förderung geschieht im Kita-Alltag nicht wie Unterricht. Katrin Roppel kommt mit den Kindern dafür ins Gespräch: "Und zwar nicht, sag mir mal, wie das heißt, sondern: 'Ah, ich sehe gerade, Du beobachtest das da, was siehst Du denn da?' Und dann haben wir schon einen Dialog." Wenn daraus ein kleines Gespräch wird, "dann haben wir eine unfassbar großartige sprachliche Bildung, ohne eigentlich irgendwelches Material eingesetzt zu haben."

Mit den Kindern ins Gespräch kommen, ein Wort aufgreifen, in ganzen Sätzen reden. Deutlich und zugewandt, das ist Teil des Förderkonzeptes. Das Sprachprogramm unterstützt seit 2016 Kitas, in denen besonders viele Kinder gefördert werden müssen. Allerdings ist das eben nur in jeder achten Einrichtung in Deutschland der Fall. Sprache als Schlüssel zur Welt, die Voraussetzung für gleiche Bildungschancen. In Deutschland ist das nicht selbstverständlich.

Sprachfachkräfte dringend benötigt

Kitas müssten vieles auffangen, was Eltern nicht leisten können, erzählt Kitaleiterin Katrin Linsing. "Die Kita Kleiner Bär liegt in einem Stadtteil in Kassel mit einem sehr hohen Migrationsanteil. Wir betreuen auch viele Kinder von geflüchteten Familien, die alle eine andere Muttersprache haben." Verschiedene Nationalitäten, die vorher kein Wort Deutsch gesprochen haben. "Das heißt, wir fangen in der Regel hier bei Null an".

Ohne zusätzliche Sprachfachkräfte gehe das längst nicht mehr, der Personalmangel sei einfach zu groß. Hinzu komme, dass die Sprachfachkraft nicht nur Kinder fördere, sondern auch Kollegen qualifiziere. Unterstützt und gecoacht wird sie dabei von einer zusätzlichen Pädagogin wie Annika Kortümm. Sie findet, für Kinder ist es ein großer Gewinn, wenn sie in einer Sprach-Kita sind: "Es wird in vielen Bereichen einfach gestärkt. Wenn die Kinder die Möglichkeit haben zu sprechen und sie erfahren, dass ihre Worte wirklich Kraft haben und wirklich etwas bewirken können, das ist ganz ganz wertvoll für Kinder."

Sprachförderprogramm läuft aus

Doch das Kita Sprachförderprogramm des Bundes - zuletzt mit rund 200 Millionen Euro jährlich ausgestattet - läuft Ende des Jahres aus. Das Bundesfamilienministerium geht davon aus, dass die Länder einsteigen. Bislang ist das Land Hessen nicht bereit. Doch es wächst der Unmut. Nicht nur bei den Sprach-Kitas. Anfang August wurde eine öffentliche Petition an den Deutschen Bundestag gerichtet, die sich dafür einsetzt, das Bundesprogramm beizubehalten. Mehr als 40.000 haben unterzeichnet.

Und auch die Sozialverbände schlagen Alarm. Denn gerade nach einer pandemischen Hochphase, nach der sich zeigt, dass viele Kinder Schwierigkeiten mit der sprachlichen Entwicklung haben, seien Kitas die erste Institution, die versuchen, das aufzufangen.

Das Bundesprogramm Sprach-Kitas wird wissenschaftlich evaluiert. Die Untersuchungen zeigen, dass die Sprachförderung erfolgreich ist. Nicht nur bei Kindern mit Migrationshintergrund.

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