Medikamente in hessischen Aoptheken werden knapp

Fiebersaft für Kinder, Elektrolytpulver bei Durchfallerkrankungen, Nasenspray bei Schnupfen: Viele Medikamente sind in den hessischen Apotheken Mangelware geworden. Konzentrationsprozesse, Kostendruck und Lieferkettenabhängigkeit führen dazu, dass Regale in den Apotheken leer bleiben. Das Problem ist nicht neu, verschärft sich aber.

Von leeren Regalen bei Paracetamol, Fiebersenkern und Elektrolyten, die bei Durchfall gegeben werden, können viele Apotheker seit Wochen ein Lied singen. Auch Holger Seyfarth, vom hessischen Apothekerverband. Woran diese Engpässe gerade liegen, kann er erklären: "Zum einem gibt es derzeit eine verstärkte Nachfrage aufgrund der aktuellen und saisonalen Situation. Es gibt also vermehrt Infektionen, auch jetzt in den Sommermonaten, gerade auch bei Kindern oder Kleinkindern, die hier besonders betroffen sind. Die Nachfrage hat sich dementsprechend erhöht und die Produktionskapazitäten der liefernden Firmen reichen dafür nicht aus.“

Die Gründe für die Engpässe sind komplex. Zum Hintergrund: Die meisten Medikamente werden weit entfernt hergestellt, in großen Werken in China und Indien. Und die Lieferketten sind sehr verzahnt. Bis zur Ankunft in Hessen seien manche Tablettenpackungen schon durch sechs oder sieben Länder gereist, bis sie dann von uns geschluckt würden, erzählt Peter Goldschmidt, Vorstandsvorsitzender des Generika Herstellers Stada aus Bad Vilbel. 

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„Die Nachfrage hat sich dementsprechend erhöht und die Produktionskapazitäten der liefernden Firmen reichen dafür nicht aus.“
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Engpässe kämen bei so vielen Stellschrauben immer mal wieder vor, berichtet er. Auch aktuell gibt es diese Engpässe, bestätigt er: "Ja, es ist schon etwas mehr als normal, unter anderem durch den Krieg in der Ukraine und die weltweiten Verzerrungen von Lieferketten durch den Zero-Covid Anspruch in China. Also da hat es bei einigen Medikamenten zusätzliche Engpässe gegeben, aber nicht in einem Maße, dass man da von einer dramatischen Situation in der Arzneimittelversorgung in Deutschland sprechen könnte.“

Auch Apotheker sind frustriert

Holger Seyfarth muss währenddessen in seiner Apotheke in Frankfurt-Bornheim immer wieder Kunden vertrösten. Die Situation macht ihn sauer: "Da sind wir natürlich genauso sprachlos und es ärgert uns dermaßen, dass die Rahmenbedingungen von der politischen Seite nicht so gesetzt werden, dass es stabile Lieferketten für Allerweltarzneimittel gibt und sie hier vorrätig gehalten werden können. Es kann nicht sein, dass in einem hochtechnisierten Land wie Deutschland, keine Fiebersäfte mehr vorhanden sind.“

Auf den Ruf der Apotheker gab es Antwort von manch einem und einer, sie sollten die benötigten Fiebersäfte selbst herstellen. Das sei ureigene Arbeit eines jeden Apothekers, sagt Holger Seyfarth. Nur die Mengen, die benötigt würden, könne er kaum selbst herstellen lassen. Und die würden dann auch um ein Vielfaches teurer. Schnelle Lösungen gibt es für die aktuelle Situation nicht. Das weiß der Apotheker.

Für die Unternehmen rentiert sich die Produktion teils nicht mehr

Das Problem sei gerade das "deutsche System“ erklärt er. Die Apotheken und Pharmafirmen stehen in der Pflicht die Medikamente bereitzustellen, hätten also sozialstaatliche Aufgaben, gleichzeitig müssen sie als wirtschaftliche Akteure, Geld verdienen, um bestehen zu bleiben. Und es gibt Verträge, zwischen den Krankenkassen und den Pharmaherstellern auf viele Jahre, die die Preise festlegen. Das würde immer mehr zum Problem, erklärt Peter Goldschmidt. Deswegen warnt er.

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„Und wenn ich dann Preisaufschläge habe, wie bei manchen Substanzen von 20, 30, 40 Prozent, dann verdienen wir eben nichts mehr dran.“
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Mit den weiter ansteigenden Kosten könnte im kommenden Jahr ein echtes Problem auf den deutschen Medikamentenmarkt zurollen: "Und wenn ich dann Preisaufschläge habe, wie bei manchen Substanzen von 20, 30, 40 Prozent, dann verdienen wir eben nichts mehr dran und jeder vernünftige Geschäftsmann, der wird sagen, auf Dauer macht es wenig Sinn, Sachen zu verkaufen, an denen ich kein Geld verdiene.“ Wenn sich dann ein großer Hersteller zurückzöge, wie zum Beispiel Stada, dann würde es sehr wahrscheinlich, dass andere dann auch nichts mehr verdienen würden. "Also in Deutschland kann eine Situation bedeuten, die dann schon in einem größeren Umfeld zu Arzneimittelknappheit führen könnte.“

Das könne man jetzt noch verhindern, sagt der Vorstandschef. Dazu müsse die Politik aber in Gespräche mit den Krankenkassen und den Pharmaunternehmen gehen. Denn eine solche Knappheit zu lösen, wenn sie einmal da sei, würde Monate dauern.

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