Jacken hängen an einer Garderobe in einer Kita

In Hessens Kitas fehlt es massiv an Personal. Sozialminister Klose will deshalb mehr Quereinsteiger einsetzen, die keine ausgebildeten Erzieher sind. Wie genau das funktionieren soll, wer infrage kommt und was die Opposition dazu sagt: ein Überblick.

Es ist nicht immer ganz einfach, einen Platz in der Kita zu bekommen. Dabei steckt das Land viel Geld in die Einrichtungen. Zuständig ist Sozialminister Kai Klose. "Wir sind im Moment bei 1,3 Milliarden Euro, die das Land für diese Aufgabe zur Unterstützung gibt, obwohl es eine originäre Aufgabe der Kommunen ist. Die Kommunen schätzen das auch", sagt er.

Nicht immer ist Geld das Problem. Es fehlt Personal: Rund 9.000 pädagogische Fachkräfte müssten zusätzlich eingestellt werden, damit wirklich jedes Kind gut betreut werden kann. So steht es in einer Studie der Bertelsmann-Stiftung. Bis 2030 fehlten sogar 27.000 ausgebildete Kräfte, um wissenschaftlichen Empfehlungen gerecht zu werden. Um diese Lücke zu schließen, müsste die Zahl der Neueinstellungen, die in diesem Jahrzehnt geplant ist, mehr als verdoppelt werden.

Landesregierung setzt auf Quereinsteiger

Wie schwierig das sein dürfte, zeigt schon heute ein Blick in die Kitas. Die Co-Chefin des Frankfurter Johanniskindergartens, Verena Schader, muss unkonventionelle Wege gehen, um Lücken zu füllen: "Wir sind seit Jahren, seit Monaten dran, die Stellen auszuschreiben. Wir haben Eltern involviert. Die letzte Stelle konnten wir besetzen durch Mund-zu-Mund-Propaganda."

Die Politik setzt jetzt auf Quereinsteiger. Grünen- und CDU-Fraktion wollen den Fachkräftekatalog hin zu multiprofessionellen Teams öffnen, heißt es in einer gemeinsamen Gesetzesvorlage, die vom Sozialministerium unterstützt wird. Menschen mit erweiterten Kompetenzprofilen sollen Kitas entlasten, die nicht unbedingt ausgebildete Erzieherinnen oder Erzieher sein müssen, kündigt die CDU-Landtagsabgeordnete Claudia Ravensburg an: "Zum Beispiel die Logopäden, die gerne mitarbeiten würden, die bisher aber ausgeschlossen sind. Auch solche Kräfte, die die Kompetenz-Profile bisher nicht erfüllen."

Die bisherige Ausbildung müsse aber einen klaren Bezug zur Pädagogik haben. Über Fortbildungen soll es dann sogar möglich sein, eine Kita zu leiten, sagt die Grünen-Abgeordnete Kathrin Anders. "Im Moment fehlt Personal an allen Ecken und Enden. Und wir müssen mehr Personal in die Kitas bringen, damit wir den Rechtsanspruch erfüllen können und dass jedes Kind auch eine Kita besuchen kann."

GEW sieht viele offene Fragen

Das Sozialministerium muss dafür mit dem Bund über rund 60 Millionen Euro aus dem Kita-Qualitätsgesetz verhandeln, die für Personalgewinnung und -entwicklung eingesetzt werden sollen. Ein passgenaues neues Qualitätsentwicklungsgesetz des Bundes soll erst in zwei Jahren stehen und die Finanzierung deutlich erleichtern. In der Zwischenzeit will Sozialminister Klose über eine Werbekampagne mehr Aufmerksamkeit schaffen, "damit mehr Menschen zur Erzieherin oder zum Erzieher ausgebildet werden. Es ist ein wahnsinnig spannender Job. Als Sohn einer Erzieherin kann ich das, glaube ich, glaubwürdig sagen."

Die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft sieht bei einer Öffnung für Quereinsteiger aber noch viele offene Fragen. Sie warnt vor zu großen Erwartungen. Dahinter stehe oft die Vorstellung, für Kita-Jobs reiche etwas Einfühlungsvermögen und eine 160-Stunden-Einführung "on the job". Neue Kräfte müssten auf jeden Fall gut integriert werden und die etablierten Kräfte dürften keine Nachteile erleiden, fordert auch die Co-Chefin des Johanniskindergartens in Frankfurt, Elke Schulmeyer: "Damit sie nicht nach dem Jahr dann schon sagen, das ist mir alles zu viel zu anstrengend ich mach lieber was ganz anderes."

Die Opposition im Landtag sieht in Quereinsteigern kein Allheilmittel. SPD und FDP fordern stattdessen einen bundeseinheitlichen Ausbildungsrahmen mit verbindlichen Qualitätsstandards. Die Ausbildung müsse komplett gebührenfrei und praxisintegriert sein, von Anfang an vergütet und durch eine qualifizierte Praxisanleitung begleitet.

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