Kind isst einen Schokokuss

Viele Kinder sind dicker als vorher, bewegen sich weniger und essen mehr Süßes: Das zeigt eine aktuelle Umfrage. Die Ergebnisse seien alarmierend, sagen Experten, denn viele Kinder hatten bereits vor der Pandemie Übergewicht. Die Folgen würden uns in einigen Jahren einholen, warnen sie.

Es sind vor allem Kinder betroffen, die vor der Pandemie schon dick waren und solche, die in Familien mit weniger Einkommen leben. Adipositas und Diabetes werden die gesundheitlichen Folgen sein, und das Übergewicht wird diese Kinder und Jugendlichen in ihrem weiteren Leben stigmatisieren, sagt Professor Hans Hauner, Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Adipositas: "Das ist natürlich ein Riesenproblem, wenn es um das Thema Berufsausbildung, Anstellung geht, Partnersuche, also es ist ein ganzes Bündel von Problemen, was an diesen einfachen Fakten wirklich hängt."

Gesundheitliche Ungleichheit hat sich weiter verschärft

Die Pandemie hat die gesundheitliche Ungleichheit weiter verschärft. Und sie hat Kinder getroffen, die Doktor Susann Weihrauch-Blüher, Kinderärztin und Sprecherin der Arbeitsgemeinschaft Adipositas im Kindes und Jugendalter, als besonders vulnerabel bezeichnet: die Zehn bis Zwölfjährigen.

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forsa-Umfrage zu Folgen der Corona-Pandemie für Kinder

Jedes sechste Kind in Deutschland ist laut der Umfrage seit Beginn der Corona-Pandemie dicker geworden, fast die Hälfte bewegt sich weniger als zuvor, etwa ein Viertel isst mehr Süßwaren. Alle Ergebnisse des Reports "Übergewicht und Adipositas - eine "stille Pandemie" können Sie hier nachlesen.

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"Zum einen ist das ein Alter, in dem man zunehmend autarker wird vom Einfluss der Eltern - also Lebensmittelauswahl, die Tagesgestaltung", sagt sie. Zum Zweiten sei es das Alter, in dem bei den meisten Kindern die Pubertät beginne, was auch mit einer Vielzahl von Veränderungen im Körper, auch des Hormonhaushaltes, begleitet werde.

Seelisch belastet, weniger Bewegung, mehr Süßes

In keiner anderen Altersgruppe erleben so viele Eltern ihre Kinder als seelisch belastet - laut Umfrage jedes zweite Kind. Über die Hälfte der Zehn- bis Zwölfjährigen bewegen sich weniger als vor der Pandemie - noch weniger, denn eigentlich hat das schon vorher nicht gereicht. Stattdessen ist bei 70 Prozent der Kinder und Jugendlichen in allen Altersgruppen der Medienkonsum gestiegen. Es werden mehr Knabberartikel und Süßwaren gegessen, bei einem Drittel hat sich die körperliche Fitness verschlechtert.

Professor Hans Hauner, der das Institut für Ernährungsmedizin an der Technischen Universität München leitet, erinnert sich an die Videokampagne des Bundesgesundheitsministeriums im Herbst 2020, #besonderehelden, "wo junge Menschen bequem auf ihrem Sofa lagen, Medien konsumiert haben und dann hat's geläutet an der Tür und dann kam der Pizzadienst. Das sind natürlich völlig kontraproduktive Werbemaßnahmen."

Experten fordern politische Maßnahmen

Auch dass Hundefutter einen geringeren Mehrwertsteuersatz hat als gesunde Lebensmittel für den Menschen zeigt für Hauner, dass die Politik den Bumerang noch nicht erkannt hat, der mit steigenden Gesundheitskosten auf die Gesellschaft zukommt. Die Deutsche Adipositas-Gesellschaft fordert deshalb, dass ungesunde Lebensmittel nicht mehr beworben werden dürfen, dass Softdrinks nach britischem Vorbild besteuert werden und dass Gemüse, Obst und Hülsenfrüchte von der Mehrwertsteuer befreit werden.

Die ungesunde Ernährung und der Lebensstil hat sich bei den Kindern und Jugendlichen im Lauf der Pandemie verfestigt. Dass das von allein wieder verschwindet, ist nach Ansicht von Expertinnen und Experten nicht zu erwarten.

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