Rüsselkäfer

Die Zahl unserer Insekten nimmt seit Jahren ab. Eine neue Studie unter Beteiligung der TU Darmstadt zeigt jetzt: Auch in den Wäldern ist die Lage für viele Insekten besorgniserregend. Vom Ergebnis waren selbst die Forscher teilweise überrascht.

Grüne Lunge, Erholungsraum und Rohstofflieferant: Wir Menschen sind auf die Wälder angewiesen, die allein in Deutschland rund ein Drittel der Landesfläche bedecken. Andere Lebewesen jedoch auch: viele Insekten zum Beispiel. Doch denen geht es dort gar nicht so gut, zeigt eine Studie unter Leitung der Technischen Universitäten Darmstadt und München. Sie erschien aktuell in der Fachzeitschrift "Communications Biology".

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Seitdem im Jahr 2017 die "Krefelder Studie" herauskam, ist diese besorgniserregende Entwicklung weithin bekannt: 27 Jahre lang hatten damals Krefelder Insektenforscher fast zwei Dutzend Naturschutzgebiete untersucht – und dabei einen Einbruch der Insektenpopulationen um 75 Prozent diagnostiziert.

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"Wir haben den Zeitraum von 2008 bis einschließlich 2017 untersucht. Vorher gab es ja schon eine Reihe von Daten und von Untersuchungen aus der Agrarlandschaft, aus dem Offenland, die dort auch Rückgänge gefunden haben. Und wir konnten das jetzt auch für Wälder nachweisen", erklärt der Darmstädter Insektenökologe Michael Staab. Er ist der Erstautor dieser bislang umfangreichsten Studie zum Insektensterben in Mitteleuropas Wäldern. Gefördert wurde sie von der Deutschen Forschungsgemeinschaft.

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"Städte können durch ihre Vielfalt ein Rückzugsort für Insekten werden"

Eine Honigbiene ist vor der tief stehenden Nachmittagssonne auf dem Weg zurück in den Stock auf dem Frankfurter Lohrberg
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An drei Stellen in Deutschland wurden dabei über 1.800 Insektenarten unter die Lupe genommen. Um genau zu sein in der Schwäbischen Alb im Südwesten, im Hainich im Zentrum von Deutschland, das ist in der Nähe von Eisenach, und im Gebiet Schorfheide-Chorin, das ist nordöstlich von Berlin. Und diese drei großräumigen Landschaften seien repräsentativ, so Staab. In jeder dieser drei Regionen gibt es im Wald 50 Untersuchungsflächen, an denen mit besonderem Augenmerk Käfer und Wanzen untersucht wurden. Denn die seien besonders präzise bestimmbar.

Der Artenschwund in Wälder überrascht

Dass die Individuenzahlen bei über 60 Prozent der ausgewerteten Arten über die Zeit sanken, überraschte den Leiter der Darmstädter Arbeitsgruppe, Nico Blüthgen: "Im Vergleich zur Agrarlandschaft haben wir jetzt keine deutliche Intensivierung der Nutzung in den letzten zehn Jahren. Wir haben ja möglicherweise in vielen Flächen sogar eine Extensivierung der Waldwirtschaft. Das heißt, wir haben durchaus auch ein Umdenken in der Forstwirtschaft, das wirkt sich auch sehr positiv aus." Dort, wo Wälder wenig beziehungsweise sehr schonend genutzt worden seien, habe man auch die geringsten Rückgänge zu verzeichnen. Das habe sich in letzter Zeit eher verbessert als verschlechtert.

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„Was wir gefunden haben, ist, dass pflanzenfressende Insekten weniger stark betroffen sind.“ Michael Staab, Insektenökologe Michael Staab, Insektenökologe
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Nach den Gründen für den Insektenschwund möchte er künftig noch intensiver suchen. Auch, ob die Jahrhundert-Trockensommer ab 2018 den Waldinsekten noch mehr zu schaffen machten, wäre interessant für ihn zu wissen. Aktuell bleibt erstmal die Gewissheit bezüglich einiger Trends, so Michael Staab: "Was wir gefunden haben, ist, dass pflanzenfressende Insekten weniger stark betroffen sind. Andere Ernährungstypen, wie zum Beispiel Arten, die eine breite Ernährung haben, waren im Rückgang. Arten, die sich von Pilzen ernähren, sogenannte Zersetzer, sind zurückgegangen und räuberische Arten."

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„Vorher gab es ja schon eine Reihe von Daten und von Untersuchungen aus der Agrarlandschaft, aus dem Offenland, die dort auch Rückgänge gefunden haben. Und wir konnten das jetzt auch für Wälder nachweisen.“ Michael Staab, Insektenökologe Michael Staab, Insektenökologe
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Darunter auch große und häufigere Spezies wie bestimmte Bock- und Rüsselkäfer. Vielleicht kann ihnen und den anderen Waldinsekten künftig die noch gezieltere Bewirtschaftung der Wälder helfen sowie die Förderung einer natürlicheren Baumartenzusammensetzung und ein reduzierter Holzeinschlag. Michael Staab, Nico Blüthgen und ihre Kolleginnen und Kollegen wollen das zumindest jetzt prüfen.

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