Schlafen

Viele Menschen setzen auf technische Hilfen, um ihren Schlaf zu analysieren und zu verbessern. Gadgets und Wearables messen Schlaftiefe, Schlafapnoe und Schnarchphasen. Experten raten jedoch zu Vorsicht: Die digitalen Helfer könnten nicht nur nichts nützen, sondern in manchen Fällen sogar schaden.

Teilen Sie ihr Bett auch schon mit einer digitalen Sensor-Schlafmatte? Über eine App sagt sie mir jeden Morgen, ob ich lange und tief genug geschlafen und wie lange ich geschnarcht habe. Sie misst Herzfrequenz und Atemaussetzer, und errechnet daraus einen Schlafindex. Gute Sensormatten sind Medizinprodukte, sagt Christoph Schöbel, Professor für Schlaf- und Telemedizin in Essen: "Sobald sie als Medizinprodukt zertifiziert ist, kann ich mich medizinisch drauf verlassen, dass der Sensor das misst, was er zu messen vorgibt. Das heißt, ich kann es wirklich für Diagnostik nutzen."

Selbstboykott durch Schlafhelfer

Aber bitte nicht dauernd auf die App schielen und die eigene Schlafwahrnehmung verlieren. Ich fühle mich dann irgendwann so, wie die App es mir vorgibt. Hans Günther Wees ist Leiter des Schlafzentrums am Pfalzklinikum Klingenmünster. Er sieht Patienten, die sich mit den Schlafhelfern selbst boykottieren: "Die Betreffenden fokussieren sich noch mehr auf ihr Schlafproblem, und je mehr ich mich auf den Schlaf fokussiere, je mehr ich schlafen will, umso mehr mache ich mich wach."

Schlaflosigkeit ist ein gigantischer Markt. Marktforscher glauben, dass in den nächsten fünf Jahren weltweit fast 30 Milliarden Euro für technische Schlafhilfen ausgegeben werden. Schlafroboter, die synchron mit dem Schlafenden atmen, Lichtmetronome, Smartwatches und - schon jetzt sehr verbreitet - Aktimeter oder Schlaftracker am Handgelenk. "Bei vielen Schlaftrackern und Apps ist es eigentlich - ein bisschern überspitzt formuliert - so: Das sind Steinzeitmethoden der Schlafforschung", sagt Wees. Sie erscheinen hochtechnisch, aber sie messen nur wenige Dinge wie die Bewegungshäufigkeit oder den Puls, so der Experte.

Produkte können auch schaden

Mit einer Polysomnographie, dem Goldstandard im Schlaflabor, haben die sogenannten Wearables nichts zu tun, erklärt der Schlafmediziner Christoph Schöbel. "Wir kleben da wirklich mehr als 20 Strippen an den Körper: Hirnströme, Muskelspannung, Sauerstoffsättigung, Puls, Atmung, EKG - alles das messen wir, um letztlich auf den Schlaf zurückzuschließen. Und in der Tat können das die meisten Sensoren nur partiell abbilden." Sie sind Lifestyle-, aber keine Medizinprodukte. Und die allerwenigsten sind durch wissenschaftlich abgesicherte Methoden bewertet.

Sie können nicht nur nichts nützen, sie können sogar schaden, wenn sie ernste Schlafprobleme nicht erkennen und den Nutzern vorgaukeln, es sei alles in Ordnung. "Es kann bei dem richtigen Patienten sehr gut helfen, bei dem falschen Patienten kann es aber genau in die falsche Richtung gehen", sagt Christoph Schöbel. Gütesiegel oder Positivlisten gibt es für Wearables und Gadgets derzeit noch nicht.

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