Ein 9-Euro-Ticket in Papierform - scharf im Bildvordergrund. Züge im Bahnhof unscharf im Bildhintergrund.

Am Mittwoch enden Tankrabatt und 9-Euro-Ticket: Zeit für eine Bilanz. Was haben die Maßnahmen gebracht? Kommt jetzt die Verkehrswende? hr-iNFO-Kommentator Julius Tamm nimmt Abschied - mit einem lachenden und einem weinenden Auge.

Diesen Sommer müssen wir besonders stark sein. Bald heißt es nicht nur Abschied von langen Abenden, warmen Temperaturen und See-Besuchen nehmen – sondern auch vom 9-Euro-Ticket und dem Tankrabatt. 

Diese beiden Geschenke hat der Staat uns als Trostpflaster für steigende Preise gemacht. Wie das bei Geschwistern so ist: Wenn die eine etwas bekommt, will der andere auch was haben. Deshalb gab es neben einem flächendeckenden, günstigen Nahverkehr eine Spritpreissenkung. Nun laufen beide Maßnahmen aus und die Frage steht im Raum: Was hats gebracht? „Nicht viel“ sagen die einen beim 9-Euro-Ticket: Gratismentalität, linkes Framing, Antifa. Jede Menge, die anderen: endlich die erhoffte Verkehrswende und soziale Gerechtigkeit. 

Keiner will den Tankrabatt

Um den Tankrabatt ist es dagegen ziemlich still geworden. Kaum Stimmen fordern seine Verlängerung, nicht mal die sonst so Auto vernarrte FDP scheint wirklich um ihr eigenes Baby zu kämpfen. Wer genauer hinschaut, sieht auch schnell warum. Versprochen wurde eine Senkung des Benzinpreises um 35 Cent, bei Diesel sollten es immerhin knapp 17 Cent sein. Doch diese Zahlen wurden in den drei Monaten nicht erreicht. Haben sich die Mineralölkonzerne etwa ein goldenes Näschen verdient?! Der Vorwurf steht auf jeden Fall im Raum, das Kartellamt prüft. Hätten doch bloß ein paar schlaue Ökonomen und Ökonominnen vorher etwas gesagt. Uns gewarnt. Aber Moment, das haben sie ja getan. Selbst der ADAC äußerte sich skeptisch, und das will was heißen als Deutschlands größter Automobil-Verein.  

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Kommentar: Nehmt den Sprit aber lasst mir die Bahn

Links hält eine Hand ein Deutsche-Bahn-Ticket auf dem 9-Euro-Ticket steht. Im Hintergrund sind ein roter Zug und Menschen am Bahnsteig zu sehen. Rechts ist eine weiße Tanksäule mit Rostflecken zu sehen, auf der Diesel steht. Im Hintergrund ist ein Ozean zu sehen.
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Über 3 Milliarden Euro hat der ölige Geldregen an der Zapfsäule gekostet. Aber um das 9-Euro-Ticket fortzuführen sei kein Geld da, so Finanzminister Christian Lindner von der FDP. Natürlich muss auch darüber gesprochen werden. Günstiger ÖPNV schön und gut, aber was bringt es mir, wenn mein Bus im Odenwald nur zweimal am Tag fährt? Natürlich sollte vor allem der Ausbau des Schienennetzes und die Modernisierung der Bahn im Vordergrund stehen. Aber hätten wir dafür nicht die 3 Milliarden Euro des Tankrabatts nutzen können? Statt sie wie einen Tropfen auf dem heißen Stein verpuffen zu lassen.  

9-Euro-Ticket sorgt für Gerechtigkeit

Nun also Schluss mit beidem. Wie einem Kind, dem man einen Lollie hinhält und ihn nach dreimal Lecken wieder wegnimmt. Unklar ist, wie es jetzt weitergeht. Wird es ein Folgeticket für den ÖPNV geben? Aktuell wird vor allem die Ökobilanz des 9-Euro-Tickets diskutiert. Zu wenige seien vom Auto auf die Bahn umgestiegen. Es sei nur für Kurztrips und Reisen genutzt worden. Dabei übersehen viele eine zweite, sehr wichtige Funktion des Tickets. Es hat für Gerechtigkeit gesorgt. Menschen mit wenig Geld konnten sich auf einmal einen Urlaub an der See oder in den Bergen leisten. Ist das nicht schon Grund genug für eine Fortsetzung? Nehmt uns ruhig den Tankrabatt, aber lasst uns das 9 Euro Ticket.

Der Kommentar spiegelt die Meinung des Autors nicht die der Redaktion wider.